Die treuen Leser haben nicht versagt
Auf dem Ring wurde schon ab 15.00 Uhr gefeiert. Auf dem Großbildschirm wurden Fragmente der früheren Auftritte Tokarczuks gezeigt – aus der Zeremonie der Verleihung des Titels der Ehrenbürgerin der Stadt Wrocław und dem ersten Treffen mit den Lesern in Polen im Nationalen Musikforum nach der Bekanntgabe der Verleihung des Nobelpreises.
In der kleinen Buchhandlung konnte man die Leseversäumnisse nachholen und die meisten Bücher von Olga Tokarczuk kaufen.
– "Ich habe gerade „Anna In in den Katakomben” gekauft" – sagte Alicja Szaplińska. – "Für mich ist sie eine geniale Autorin, eine von wenigen, die so tief ins Innere durchdringen, man kann mit ihr einfach die Welt um sich herum vergessen. Sie ist zudem ein sehr lieber Mensch, umso mehr bin ich glücklich, dass gerade sie diesen Preis bekommen hat" - gibt Alicja zu. Sie kam auf den Ring, um sich die Übertragung anzusehen und auch um ihre eigenen Exemplare der Bücher der Nobelpreisträgerin (sie hatte einen ganzen Rucksack voll) mit dem speziell zu diesem Anlass angefertigten Stempel stempeln zu lassen.
Anna Trenerowska kam ebenfalls hierher, um die Übertragung zu sehen und kaufte bei Gelegenheit einige Bücher von Olga Tokarczuk. In ihrem Handy hat sie Fotos vom Treffen mit der Schriftstellerin nach der Verleihung des Titels der er Ehrenbürgerin der Stadt Wrocław. – "Ich habe damals „Unrast” in englischsprachiger Fassung gekauft, weil ich eine amerikanische Schwiegertochter habe, die ebenfalls gerne liest."
Neben Einkaufen von Büchern bemühten sich die Sammler außerdem um das spezielle Exlibris, das eigens für den 10. Dezember vorbereitet wurde. Man konnte sich auch ein Erinnerungsfoto in der „Nobelpreis-Fotobox” machen lassen.
Warteschlangen vor dem Gratulationsbuch
Ab 15.00 Uhr konnte man sich in das Gratulationsbuch eintragen, das auf dem Ring ausgelegt war (weitere Möglichkeit gibt es am Mittwoch im Rathaus).
Als erster schrieb der Vizepräsident der Stadt Wrocław Jakub Mazur seine Anerkennungsworte.
– Es ist ein derart großes Erlebnis, dass es mir schwer viel, sich zu konzentrieren und zu überlegen, was ich eigentlich schreiben möchte. Ich schrieb über die große Freude für uns, die Einwohner von Wrocław, aber auch über den Stolz, da wir nicht nur deshalb stolz sind, weil Frau Olga Tokarczuk unsere Ehrenbürgerin ist, sondern weil sie auch echte Einwohnerin ist, die - als sie über die Rückkehr nach Wrocław sprach, sagte: „Ich komme endlich nach Hause”. Wir freuen uns, dass wir an diesem Ort, an einem schönen Tag wie dieser, gemeinsam etwas feiern können, dass sich nicht nur in die Geschichte des Kulturerbes einfügt, sondern auch in die von Wrocław – der Vizepräsident konnte seinen Stolz kaum verbergen.
Nobelpreis-Laudatio für Olga Tokarczuk
Um16.30 Uhr begann die Übertragung der Verleihung der Nobelpreise direkt aus Stockholm. Vor jeder Verleihung wurde eine Laudatio gesprochen. Die Laudatio für Olga Tokarczuk wurde von Professor Per Wästberg, einem Mitglied der Schwedischen Akademie vorbereitet. Er sprach über die Bücher der Schriftstellerin, u.a. über „Unrast” und „Jakobsbücher”.
Die Begeisterung des Akademikers für die „Jakobsbücher” war offensichtlich. - "Die „Jakobsbücher” sind ein unglaublicher Roman, der unterschiedliche Aspekte aufgreift, die zusammengenäht und zusammengefügt wurden und dabei dank der unglaublichen Fantasie eine Beschreibung der vergangenen Zeiten bilden, eine Art Schmelztiegel der Zeit. Ihr 1000 Seiten langer Roman ist ein echter Reichtum."
Und dann wandte er sich zum Staunen der sichtbar bewegten Olga Tokarczuk zu ihr auf Polnisch mit den Worten: „Frau Tokarczuk, die Schwedische Akademie gratuliert Ihnen. Nehmen Sie bitte den Nobelpreis für Literatur aus den Händen Seiner Königlichen Hoheit des Königs von Schweden entgegen.”
Die Ovationen auf dem Ring von Wrocław waren nicht kleiner als jene in Schweden. Nach der Verleihung des Nobelpreises konnte man auf dem Bildschirm die Nobelpreis-Rede hören, die Olga Tokarczuk zuvor am Samstag, den 7. Dezember vorgetragen hatte.